Altersvorsorge: Änderungen durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz

Die AGV-Rechtstipps

05.01.2018

Zum 01.01.2018 ist das „Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz)“ vom 17. August 2017 (BGBl. I S. 3214) in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist es, die Attraktivität der betrieblichen Altersvorsorge zu erhöhen und zwar einerseits für kleine und mittlere Unternehmen und andererseits für Beschäftigte mit niedrigerem Einkommen.

 

Dazu regelt das Gesetz Änderungen in einer Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen im arbeits-, steuer- und sozialrechtlichen Bereich und ist aus sich heraus deshalb kaum lesbar. Die wichtigsten Änderungen sollen im Folgenden kurz skizziert werden.

Reine Beitragszusage im Sozialpartnermodell

Erstmals wird im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge zusätzlich die Möglichkeit eröffnet, Betriebsrenten ohne eine „Ergebnishaftung“ des Arbeitgebers vereinbaren zu können („pay and forget“). Durch dieses Modell wird es ermöglicht, dass der Arbeitgeber künftig eine reine Beitragszusage erteilt, bei der sich seine Verpflichtung auf die Beitragszahlung beschränkt. Eine Arbeitgeberhaftung für eine bestimmte Rentenhöhe entfällt damit. Der Arbeitnehmer erhält vielmehr eine sog. Zielrente, deren Höhe von der Entwicklung der Kapitalanlage abhängig ist. Der Arbeitgeber soll sich dafür im Gegenzug an der Absicherung der Zielrente mit Sicherungsbeiträgen beteiligen. Solche Betriebsrentenmodelle setzen zwingend einen entsprechenden Tarifvertrag voraus, wobei nichttarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren können, dass einschlägige Tarifverträge auch für sie gelten sollen. Das Sozialpartnermodell ist zudem nur für die versicherungsförmigen Durchführungswege der Direktversicherung, der Pensionskasse und des Pensionsfonds möglich.

Entgeltumwandlung: Weitergabe der Sozialversicherungsersparnis

Der Arbeitgeber zahlt einen Arbeitgeberzuschuss von 15 % auf den Beitrag zur Entgeltumwandlung, soweit er durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge spart. Dies gilt für neue Entgeltumwandlungsvereinbarungen der Durchführungswege Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds ab dem 01.01.2019 sowie für bestehende Entgeltumwandlungsvereinbarungen ab dem 01.01.2022. Für Entgeltumwandlungsvereinbarungen im Sozialpartnermodell gilt diese Zuschusspflicht des Arbeitgebers (theoretisch) bereits ab 2018.

„Geringverdiener“

Zahlt der Arbeitgeber für einen Arbeitnehmer mit einem laufenden Bruttomonatsgehalt bis zu 2.200 € („Geringverdiener“) im Rahmen eine arbeitgeberfinanzierten Zusage und bei Nutzung eines versicherungsförmigen Durchführungsweges einen Arbeitgeberzuschuss von 240,00 € bis 480,00 € im Jahr (förderfähiger Arbeitgeberbeitrag) in die betriebliche Altersvorsorge des Mitarbeiters ein. Dann erhält der Arbeitgeber 30 % des förderfähigen Arbeitgeberbeitrages über das Lohnsteuerabzugsverfahren erstattet. Dieses gilt allerdings nur, sofern die Abschluss- und Vertriebskosten des Altersvorsorgevertrages über die gesamte Laufzeit gleichmäßig verteilt werden („Zillmerungsverbot“). Auch diese Änderung gilt ab dem 01.01.2018.

Erhöhung des steuerlichen Förderrahmens

Ab dem 01.01.2018 wird der steuerfreie Förderrahmen (§ 3 Nr. 63 Satz 1 EStG) von 4 % auf 8 % der Beitragsbemessungsgrenze angehoben, wobei der bisherige Erhöhungsbetrag von 1.800 Euro entfällt. Pauschalversteuerte Beiträge nach § 40 b EStG a.F. sowie der neue Arbeitgeberzuschuss für Entgeltumwandlung werden in den Förderrahmen eingerechnet. Diese Regelung gilt sowohl für neue als auch für bestehende Verträge bei versicherungsförmigen Durchführungswegen der Direktversicherung, der Pensionskasse und des Pensionsfonds. Sozialversicherungsrechtlich bleiben – wie bisher – lediglich bis zu 4 % der Beitragsbemessungsgrenze von der Beitragspflicht befreit.

Anrechnungsfreibetrag zusätzlicher Altersvorsorge bei Grundsicherung

Laufendes Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge (z.B. betriebliche Altersvorsorge, Riester-Rente oder Rürup-Rente) bleibt bis zu einem Sockelbetrag in Höhe von 100 € monatlich vollständig anrechnungsfrei beim Bezug einer Grundsicherung im Alter. Über 100 € hinausgehende Beträge bleiben zu 30 % anrechnungsfrei. Insgesamt darf der Freibetrag jedoch 50 % der Regelbedarfsstufe 1 (Hartz-IV) nicht überschreiten. Derzeit (im Jahr 2018) liegt die Regelbedarfsstufe 1 bei 416 € im Monat, so dass der anrechnungsfreie Betrag z.Zt. bei 208 € monatlich gedeckelt ist.

Bewertung

Einer der Kernpunkte des Betriebsrentenstärkungsgesetzes, die Möglichkeit reiner Beitragszusage im Sozialpartnermodell, setzt zwingend das Bestehen entsprechender Tarifverträge voraus. Solche Tarifverträge bestehen zur Zeit nicht. Ob die Gewerkschaften als Tarifvertragspartner bereit sein werden solche Tarifverträge im Hinblick auf die fehlende „Ergebnisgarantie“ für ihre Mitglieder abzuschließen, bleibt abzuwarten. Zur Zeit sind solche Tarifverträge wohl nicht in Verhandlung. Eine (weite) Verbreitung des Sozialpartnermodells erscheint deshalb zur Zeit eher fraglich. Im Bereich der Förderung der Altersvorsorge bei Beschäftigten mit niedrigem Einkommen muss wohl festgestellt werden, dass nach wie vor die Annahme gilt: je niedriger das Einkommen, desto größer der Anteil der Konsumausgaben und desto geringer der Anteil möglicher Altersvorsorgeaufwendungen. Ob durch die Änderungen im Betriebsrentenstärkungsgesetz eine Verschiebung im Ausgabeverhalten bei den Betroffenen motiviert werden kann, wird sich noch erweisen müssen.

Deshalb hat der Gesetzgeber sich zur Aufgabe gemacht den Grad der Zielerreichung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes zu evaluieren und zwar bis zum 31.12.2023. Sollten die verfolgten Ziele aus Sicht des Gesetzgebers dann nicht ausreichend erreicht sein, erscheint es nicht völlig abwegig anzunehmen, dass sich bisherige Möglichkeiten in Verpflichtungen wandeln könnten.

 

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