Expertentipp: Bitcoins, Ethereum & Co. – Die Blockchaintechnologie und ihre Potenziale

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17.10.2017

Im Jahr 2008 verfasste ein unbekannter Autor oder möglicherweise eine Gruppe bestehend aus mehreren Personen unter dem Synonym Satoshi Nakamoto ein Whitepaper namens „Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System“ über die digitale Kryptowährung Bitcoin. Ein Jahr später wurde das Konzept in die Praxis umgesetzt und die erste digitale Kryptowährung entstand zu einem Preis von weniger als 1 ct je Bitcoin. Heute, nur acht Jahre später, beträgt der Preis ca. 4.800 Euro je Bitcoin bei einer Marktkapitalisierung von ca. 80 Mrd. Euro.

 

Was sorgt für einen derartigen Preisanstieg und was verbirgt sich hinter den Begriffen wie Kryptowährung, Bitcoin, Ethereum oder noch viel wichtiger – hinter der Blockchaintechnologie? Vereinfacht gesagt sind Bitcoins digitale Geldeinheiten, die derartig abgesichert sind, dass ein einfaches „Copy & Paste“ wie bei Word-Dokumenten nicht möglich ist, um sich beispielsweise selber Geld herzustellen. Zusätzlich bietet die zu Grunde liegende Blockchaintechnologie die Basis, um die digitalen Geldeinheiten sicher von A nach B, ohne das Zuschalten einer zentralen Instanz (z.B. einer Bank) zu transferieren. Hierbei ist es wichtig zu wissen, dass die Bitcoins nicht von einer zentralen Institution verwaltet werden, sondern von einem Netzwerk bestehend aus mehreren tausend Computern auf der ganzen Welt. Die Transaktionen, die innerhalb dieses Netzwerks übertragen werden, werden in Blöcken (1 Block entspricht ca. 1 MB) zu einer Kette (= Blockchain) zusammengefasst. Folglich ist die Blockchain eine nunmehr ca. 140 GB große Datei, die alle jemals durchgeführten Transaktionen seit Beginn ihrer Entstehung zusammenfasst. Die Transaktionen sind öffentlich, so dass sich eine Geldeinheit komplett bis zu ihrer Entstehung zurückverfolgen lässt.
Das geniale an der Blockchaintechnologie ist im Wesentlichen der zu Grunde liegende Consensys Algorithmus, welcher für die Synchronisation des Netzwerks aus mehreren tausend Computern zuständig ist. Die Kombination aus technischer Verschlüsselung und spieltheoretischen Überlegungen schließen ein Fälschen der Transaktionen nahezu aus. Vor diesem Hintergrund löst der Bitcoin als digitale Geldeinheit folgende Probleme, die bis dato noch nicht gelöst werden konnten: Ein Kopieren einer digitalen Geldeinheit ist nicht möglich. Geldeinheiten können innerhalb eines Netzwerks transferiert werden, ohne dass eine und dieselbe Geldeinheit mehrfach ausgegeben werden kann.

 

Was für einen Nutzen hat die Blockchaintechnologie, wenn der Geldaustausch nicht relevant ist?

Ethereum & Co.
Jede neue Technologie wird mit der Zeit weiterentwickelt, so dass neben Bitcoins mittlerweile mehr als 700 weitere Kryptowährungen mit einer Marktkapitalisierung von insgesamt über 125 Mrd. Euro entstanden sind. Die Kryptowährung mit der zweitgrößten Marktkapitalisierung von knapp 27 Mrd. Euro ist Ethereum. Die Ethereum Blockchain bietet zusätzlich zu der Bitcoin Blockchain, die Möglichkeit sogenannte Smart Contracts (selbstausführbare Verträge) in der Blockchain zu implementieren, die für jede Person transparent und einsehbar sind. Sobald die Bedingungen für die Ausführung eines Vertrages erfüllt sind, kann die Ausführung des Vertrages nicht mehr gestoppt werden.

 

Was für praktische Anwendungsfälle gibt es?

Die Blockchaintechnologie ist trotz ihrer augenscheinlichen Komplexität kein Hexenwerk. Ihre Verwendung sollte sorgfältig durchdacht und nicht nur angewendet werden, um einem Hype zu folgen. Sie bietet sehr starke Vorteile, weshalb ich langfristig an einen Durchbruch der Technologie glaube. Der Einsatz der Blockchaintechnolgie ist allerdings sehr vom Einzelfall abhängig. Wenn strategische Überlegungen ausgeklammert werden und zunächst nur das operative Geschäft von Interesse ist, so muss sich die folgende Frage gestellt werden: Ergibt es einen Sinn einen Geschäftsprozess über ein dezentrales Datenbanksystem anstatt über ein zentrales Datenbanksystem abzuwickeln? Die Verwendung eines dezentralen Datenbanksystems, d.h. der Blockchain, könnte Sinn ergeben, wenn mehrere Stakeholder oder Maschinen miteinander verknüpft werden sollen, um hierdurch z.B. zusätzliches Vertrauen zu schaffen und die Prozesskosten sowie die Prozessdauer zu minimieren.

Beispiel E-Mobility: Das Startup slock.it hat einen Smart Plug entwickelt, der es ermöglicht, dass ein Elektroauto an jeder Stromquelle aufgeladen werden kann. Unabhängig davon, von welchem Energiebetreiber der Strom stammt. Auf Basis der Blockchaintechnologie und in Verbindung mit Smart Contracts wird der Bezahlprozess in Echtzeit durchgeführt, so dass gleichzeitig der Strom fließen kann. Hierzu wird der Euro in einen digitalen Token umgewandelt, welcher wiederum das Input Signal für den Smart Contract ist, welcher den Stromfluss regelt.

Beispiel Bonus Programme: Die Fast Food Kette Burger King hat in Russland eine Whopper Coin ins Leben gerufen. Für jeden 1.700ten Rubel bekommt der Kunde eine Whopper Coin, die gegen einen Whopper eingetauscht werden kann geschenkt. Hierzu muss lediglich die Rechnung abfotografiert werden. Die Whopper Coins können zusätzlich über eine Plattform gehandelt werden. Gerade das Beispiel von Burger King zeigt, dass wir am Anfang einer neuen digitalen Welt stehen. Das Startup TenX hat eine physische Kreditkarte entwickelt, so dass das Bezahlen mit den verschiedensten Kryptowährungen im Alltag möglich ist. Zukünftig werden wir vermutlich nicht nur mit Euro zahlen, sondern auch Status Meilen, Whopper Coins und ähnliches gegen Waren eintauschen können.

 

Felix Puller ist Assistant Manager im Bereich CSO – Innovation, Digital Sales, Strategic Growth Initiatives bei KPMG. Neben dem Thema Blockchain beschäftigt sich Felix Puller mit den Themen Digital Finance & Transformation und Startups.

 

Hinweis vom Autor: Auf Grund der Komplexität und des Umfangs des Themas wurde u.a. nicht darauf eingegangen wie Bitcoins entstehen bzw. geschürft werden und welches mathematische Problem hierzu gelöst werden muss.