Kündigungsgrund: Weigerung der Durchführung von bereitgestellten Schnelltests

Die AGV-Rechtstipps

09.02.2022

Die Weigerung eines Arbeitnehmers, einen zur Verfügung gestellten Corona Schnelltest durchzuführen, kann ein Grund für eine ordentliche Kündigung sein. Dies jedoch nicht ohne vorherige Abmahnung, so das ArbG Hamburg mit Urteil vom 24.11.2021 – 27 Ca 208/21 -.

 

 

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung der Beklagten wegen der Verweigerung des Klägers, vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Pandemie (Coronavirus SARS-CoV-2) bereitgestellte Schnelltests durchzuführen.

 

Worum ging’s?

 

Die Beklagte ist als Anbieter eines vollelektronischen „Ride-Sharing“ Dienstleister im Bereich der Personenbeförderung. Sie beschäftigt im Betrieb, in dem der Kläger angestellt war, regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit.

 

Ab dem 07.04.2021 übernahm die Beklagte in Hamburg Nachtfahrten des öffentlichen Personennahverkehrs (XXX) und gab per Pressemitteilung u.a. bekannt, dass neben anderen Infektionsschutzmaßnahmen „[…] Die Fahrer […] regelmäßig auf Corona-Infektionen getestet [werden]“.

In der Kalenderwoche 16/2021 ergänzte die Beklagte im Hinblick auf eine regelmäßige Testpflicht ihrer Fahrer auf das Coronavirus SARS-CoV-2 das Fahrer-Handbuch wie folgt:

„Wir führen bereits für alle Mitarbeiter*innen bei Z. regelmäßige Coronatests durch. Schon vor Erweiterung der gesetzlichen Vorgaben beginnen wir jetzt damit, die Testfrequenz auf zwei Mal in der Woche zu erhöhen.

Auch mit Tests ist es aber weiterhin erforderlich, dass die anderen Schutzmaßnahmen wie Abstand, Hygiene, Maske und Lüften beachtet werden.“

 

Bei den von der Beklagten angebotenen Schnelltests handelte es sich um den „Coronavirus (2019-nCoV)-Antigentest“ vom Hersteller Beijing Hotgen Biotech Co. Ltd.. Dieser Antigen-Selbsttest erfordert lediglich einen Abstrich im vorderen Nasenbereich und ist vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte anerkannt.

 

Am 01.06.2021, dem ersten Arbeitstag des Klägers nach der Kurzarbeit, lehnte der Kläger es ab, vor Fahrtbeginn den bereitgestellten Corona-Schnelltest vor Ort durchzuführen. Darüber hinaus verweigerte er auch die Mitnahme von Testkits, um sich regelmäßig zu Hause selbst zu testen. Der Kläger wurde jedenfalls durch Frau A. F., Driver Managerin bei der Beklagten, nochmal mündlich auf die Verpflichtung zur Durchführung der Tests hingewiesen. Nachdem dieser dennoch weiterhin deren Durchführung ablehnte, wurde er für den Tag unbezahlt freigestellt. Dieses Geschehen wiederholte sich an zwei weiteren Tagen worauf hin die Beklagte die ordentliche Kündigung aussprach.

 

Wie ging’s aus?

 

Die Kündigung war unwirksam, so das Arbeitsgericht Hamburg.

Zwar war die Anordnung der Beklagten gegenüber ihren Fahrern rechtmäßig, die von ihr bereitgestellten Corona-Schnelltests (auch erstmalig vor Ort auf dem Betriebsgelände der Beklagten) durchzuführen, und es hat der Kläger entsprechend durch die Ablehnung dieser Tests am 01.06., 02.06. und 03.06.2021 schuldhaft gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen.

Nach Auffassung der Kammer wäre allerdings vor Ausspruch einer Kündigung der Ausspruch einer Abmahnung als milderes Mittel geeignet und ausreichend gewesen, beim Kläger künftige Vertragstreue zu bewirken. Im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme ließ sich für die Kammer dagegen – auch und gerade unter Berücksichtigung der abweichenden Sachverhaltsdarstellung der Beklagten – eine vorherige Abmahnung des Klägers nicht mit Sicherheit feststellen. Die Beklagte, die insoweit die Beweislast trägt, war somit nicht berechtigt, das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist sogleich zu kündigen.